Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Zylinderkopfdichtung (ZKD) wechseln - Schritt für Schritt
#1
Hallo Gemeinde!


Da an unserer GPZ 500, BJ 96, ständig das Kühlwasser nachgefüllt werden musste (ca 1 Liter auf 100km) gingen wir der Sache auf den Grund.

Der Verdacht einer defekten ZKD war nahe – also gings dran, diese zu wechseln.
Handbuch ist vorhanden, eine neue Dichtung gabs aus der Bucht für 17,50…

Ich möchte hier, weil doch öfters mal die ZKD das Thema ist, mein Vorgehen beschreiben.

Zu meiner Person: Ich bin 43, hab eine Lehre als Radio- und Fernsehtechniker, bin also kein ausgebildeter Metall-Schrauber. Allerdings ist mir der Umgang mit Werkzeug vertraut.

Das Motorrad läuft nun wieder seit ca 800 km störungsfrei, man kann also davon ausgehen, dass die Reparatur ein voller Erfolg war.

Zum allgemeinen Verständnis:
Zylinder 1 ist in Fahrtrichtung der linke Zylinder, entsprechend heiߟt es dann auch OT1
Analog dazu der Zylinder 2 – ist also der Rechte. Somit dann auch OT2

Beginn:

Ich empfehle, vor Beginn der Arbeiten, das Motorrad zumindest um und am Motor gründlich mit dem Hochdruckreiniger zu säubern. So ist sichergestellt, dass kein Schmutz ins Innere kommt. Auch halten sich dann die schmutzigen Finger in Grenzen.

Als weiteren Tipp kann ich anführen, dass es von Vorteil ist, eine Digi-Cam dabei zu haben. So kann man vor dem Zerlegen einer kniffligen Sache ein Bild machen, um später vergleichen zu können. Gerade bei Kabel und Schläuchen ist das von Vorteil, wenn man beim Zusammenbau nicht mehr genau weiߟ, wie was verlegt war.

Als Werkzeug ist notwendig:

Ratschenkasten groß und klein,
Gabel- und Ringschlüsselsatz,
Gummihammer
Spitzzange (zum Greifen von Kleinteilen)
Flachzange (zum Öffnen von Clips)
Seitenschneider (zum Lösen von defekten, festsitzenden Schräubchen)
Kreuz- und Schlitz-Schraubendreher in verschiedenen Größen
Drehmomentschlüssel
Fühlerlehre, es genügt eine 0,05er Abstufung
Einen Schaber zum Entfernen der alten Dichtungsreste
alternativ Klinge eines Teppichmessers
Scotchband (Schleifmatte)

Arbeitstoffe:

Handbuch,
Dichtungsmasse, gibt’s im Schrauberladen oder im Biker-Shop
ein paar Lappen und ne Rolle Küchentücher
Ölfilter,
frisches Öl,
Frostschutz,
Wasser und
natürlich eine neue Zylinderkopfdichtung,


Beginn:

Töff auf den Hauptständer, Leerlauf einlegen (wenn nicht bereits geschehen)
Ablassen und Auffangen der Kühlflüssigkeit
Abbau von Sitzbank und Tank, von Vorteil ist auch der Abbau der Verkleidung vorne, Kerzenstecker ziehen und dann Abbau der Zündspulen. Man löst die beiden Schlauchschellen für die beiden Wasserschläuche oben am Ventildeckel und demontiert auch den Thermostat. Wenn dieser losgeschraubt ist, kann man ihn samt den beiden Schläuchen nach links rausziehen und hängen lassen. Bei machen Modellen ist auch eine Vergaserheizung vorhanden, ich habe die kleinen Schläuche ebenfalls oben am Ventildeckel bzw rechts an dem Wasserschlauch entfernt.

Es erfolgt die Demontage der vorderen Tankhalterung (2 Schrauben), unterhalb des Lenkkopfes.

Abgaskrümmer demontieren (Lösen der 4 Krümmerschrauben am Zylinderkopf, entnehmen der 4 Krümmerhalterungssicheln sowie die Schellen zum Endschalldämpfer) – somit können die Krümmer als Einheit nach vorne abgezogen werden.

Nun erfolgt der Ausbau der Vergaser.
Die 4 Schlauchschellen (motorseitig) der Ansauggummis lösen.
Das Rausziehen der Vergaser ist mit ein wenig Gewalt und Gefühl verbunden, da sie ja noch an den hinteren Gummis angeflanscht sind. Diese geben aber schnell nach und man hat die Gemischaufbereitung in den Händen. Dann empfehle ich noch das Aushängen des Choke-Zuges, erklärt sich bei Ansicht von selbst.
Nun können die Vergaser (hängen noch am Gaszug) ebenfalls nach links vorne neben dem ausgebauten Thermostat baumeln und sind so vollkommen aus dem Weg. Auf auslaufenden Sprit achten!!
Das Antriebsaggregat liegt nun vollständig frei.
Es erfolgt das Lösen der beiden Kühlwasserrohre, die von oben durch den Ventildeckel gehen. Die beiden Kreuzschlitzschrauben waren bei mir derart fest, dass sie beim Versuch sie aufzudrehen kaputt gingen. Ein scharfer, spitzer Seitenschneider wirkte hier Wunder. Nun können mit ein wenig Wackeln die beiden Röhrchen nach oben ausgezogen werden. Man erkennt unten dran einen O-Ring, ich habe ihn entfernt und alles gereinigt und die Nut der O-Ringe etwas eingeölt bevor ich sie wieder aufgeschoben hab. Eventuelle Korrosion an den Röhrchen mit 400er Schleifpapier oder Scotchband entfernen.
Ausbau der Zündkerzen.
Nun die beiden Kunststoffdeckel an der linken Motorseite entfernen – der Obere ist zum Einsehen des oberen Totpunktes, der Untere ist zum Drehen der Kurbelwelle (14er Nuߟ)
Es empfiehlt sich nun das Einstellen des OT2
VORSICHT: Nur im Uhrzeigersinn drehen!!! Um ganz sicher zu gehen, welcher Zylinder denn nun OT hat, steckte ich einen langen, dicken Draht in das Zündkerzenloch des rechten Zylinders – somit erübrigen sich spätere Unklarheiten. Man erkennt dann auch die Markierung im oberen Sichtfenster am linken Kurbelgehäuse.
ACHTUNG: Übersetzungsverhältnis Kurbelwelle/Nockenwelle ist 2:1 – ist ja ein 4-Taktmotor!!!

Jetzt Motor-Vorderseite: Ausbau des Kettenspanners. Zuerst lösen der mittleren, großen Schraube, VORSICHT!!! Es kommt eine Feder nebst Stift zum Vorschein!. Diese ablegen und nun die beiden kleinen Halteschrauben entfernen. Den ganzen Steuerkettenspanner nun entfernen. Der Kurbeltrieb sollte nun nicht mehr bewegt werden, da die Kette sonst überspringen könnte.
Zum Enfernen des Ventil-Deckels die oberen 6 chromfarbigen Schrauben entfernen. Der Deckel lässt sich mit leichtem Klopfen und vorsichtigem Nachhelfen mit großem Schraubendrehen an den Seiten nun Abheben. Eventuell hängt die Dichtung noch bissl hier und dort… Mit Gefühl und Geduld lässt sie sich aber zerstörungsfrei mit abheben.

Es kommt die Ventilsteuerung zum Vorschein, man erkennt schön die alphabetische Montage der Lager für die Nockenwellen. Diese sind unbedingt beim Zusammenbau wieder an die ursprüngliche Stelle zu montieren! Nicht vertauschen!!!
Wir lösen die 4 mittleren Schrauben der Steuerkettenführung und entnehmen diese Einheit.
Wir lösen die 2 Schrauben, die die Kupfer-Ölleitungen fixieren. Danach lassen sich die Ölleitungen recht einfach aus dem Zylinderkopf ziehen. Bitte hier keine Gewalt anwenden!!
Danach lösen wir die beiden Ölleitungen auߟen hinter den Zylindern. Ich hab auch noch die untere Schraube gelöst, die die beiden Leitungen fixiert. War so einfacher…

Was das spätere korrekte Einsetzen der Nockenwellen angeht – so hab ich mir weitergeholfen in dem ich nun an Kette und Zahnräder mittels einem Kratzer am Kettenglied nebst zugehörigen Zähnen an den Nockenwellen eine Markierung gesetzt hab.
Das gilt natürlich nur, wenn man die Kette nicht locker lässt und sie auf der Kurbelwelle keinen Zahnversatz aufweist. Nun benötigt man ca. 40cm Draht, um die Steuerkette unter Spannung zu halten. Ich habe sie beim Ausbau der Nockenwellen immer oben an den Löchern der Tankbefestigung angebunden.
Nun der Ausbau der Nockenwellenlager. Wie schon beschrieben – auf die Ursprungslage achten!!! Auch darauf aufpassen, dass die 2 Passhülsen je Lagerbock nicht verloren gehen!! Nun ist ein zweiter Mann von Vorteil der die Steuerkette unter Spannung hält, um die Nockenwellen zu entnehmen. Danach wieder an der Tankhalterung rel. straff anbinden.
Auch hier beim Einbau drauf achten, welche Welle wo gesessen hat (Einlaß /Auslaß).

Im Handbuch steht nun nichts von der Art und Weise bezüglich Lösen der Zylinderkopfschrauben, 8/10 Stück.
Trotzdem sah ich es als notwendig, sie langsam und nicht auf einmal zu lösen. Ich entschied mich für die Reihenfolge wie beim Zusammenbau. Siehe Schema im Handbuch. Zuerst die beiden kleinen, 6er Schrauben öffnen - eine hinten auߟen zwischen den Zylindern, die zweite innen, meist verdeckt von der vorderen Schiene des Kettenspanners. Gerade hier absolute Sorgfalt walten lassen, dass nichts in den Steuerkettenschacht fällt.
Ich öffne nun die großen 8 Schrauben (im Kopf) max je eine Viertelumdrehung, und gehe dann zur nächsten. Solange, bis alle so locker sind, um sie von Hand vollends auszudrehen.
VORSICHT: Jede Schraube hat eine Unterlegscheibe! Ebenfalls drauf achten, dass nichts in den Steuerkettenschacht fällt! (ist mir passiert, man muߟ dann halt Öl ablassen, Ölwanne auch noch abmontieren. Nicht schlimm, kostet aber Zeit.)
Wenn alle Schrauben und U-Scheiben entfernt sind, kann man nun mit nem Gummihammer zärtlich von unten an die Kühlrippen klopfen, um den Kopf zu lösen. Bitte ringsum Klopfen, so dass sich der Kopf gleichmäߟig löst. Zwei Passhülsen sind vor den Kolben vorhanden - beachten!!!!
Während der zweite Mann die Steuerkette hält, kann man nun den Kopf nach oben leicht geneigt zwischen den Rahmenschleifen durch abheben. Kette unter Spannung (!) durch den Kettenschacht führen und wieder straff anbinden.
Es erfolgt optische Kontrolle des Brennraumes, des Kolbenbodens bzw des Kopfes von unten. Vorsicht, es läuft hier noch Öl aus den Kanälen des Kopfes.

Nun können wir mit einem Schaber (es empfiehlt sich ein Schaber für Ceran-Felder, meist bei den 1 Euro-Artikeln im Baumarkt – oder die ausgebaute Klinge eines Teppichmessers) die Dichtungsrückstände an Kopf und Zylinder entfernen. Bissl mühsam, muߟ aber restlos sein, damit die neue Dichtung wieder 100%ig dichtet. Ich hab mir noch mit Scotch-Band weitergeholfen, das zerkratzt die Oberflächen nicht so sehr. Drauf achten, dass nichts in die Brennräume, Kühlkanäle und Steuerkettenschacht kommt.

Einsetzen der neuen Dichtung auf die Passhülsen, meine Dichtung war mit den ausgestanzten Buchstaben UP markiert, so wusste ich, welche Seite oben ist. Kopf nun wieder vorsichtig und verkantungsfrei aufsetzen, natürlich mit dem Durchführen der unter Spannung gehaltenen Steuerkette. Zu beachten ist, dass die hintere Steuerkettengleitschiene auch nach hinten geneigt ist.
Anschrauben des Kopfes, Reihenfolge wie im Handbuch in mehreren Durchgängen mit steigendem Drehmoment, erst handwarm, dann 20Nm, dann 39Nm. Danach die beiden kleinen Schrauben vorn und hinten.
Einbau der Nockenwellen unter Beachtung der gesetzten Markierungen auf Kette und Zahnräder, verkantungsfreies Setzen der Lagerböcke. Markant ist hier, dass die vordere Nockenwelle etwas streng in den Lagersitz geht, weil sie in dieser Stellung gerade öffnen will und somit die Kraft der Ventilfeder wirkt. Aber mit bissl Gefühl geht’s auch hier weiter. WICHITG: Mit den inneren Lagerböcken der Auslaßnocke beginnen!!! Dann erst die Äuߟeren! Sonst verändern sich die Steuerzeiten wegen der wirkenden Kraft der Ventilfeder!!!
Ich hab auch auf die Lagerstellen und die Lagerböcke immer nen Tropfen frisches Öl gegeben, bevor ich sie eingesetzt hab.
Immer auch die Markierungen kontrollieren, auch auf die OT2-Markierung!!!
Der Steuerkettenspanner wird zurückgesetzt (kleine Nase drücken, Spannbolzen eindrücken, D-Modell) und wieder in den Motorblock eingesetzt und mit den beiden Schrauben fixiert. Pfeil nach oben beachten!!!
Danach die große Schraube nebst Feder und Stift einsetzen. Man hört das Klicken des Spanners, wie er Tick für Tick spannt. Nun ein-zweimal mit der Ratsche die Kurbelwelle im Uhrzeigersinn vorsichtig und ohne Gewalt durchdrehen, es klickt evtl noch einmal – die Steuerkette ist gespannt.
Ölleitungen einsetzen und festschrauben, Kettenführung einbauen, Ölleitungen hinter den Zylindern anschrauben (auf die Kupferbeilagscheiben achten!!!! Jeweils zwei Stück!!)

Ich hab sie dann mal orgeln lassen, bevor ich Vergaser und Zündkerzen eingesetzt hab. Somit war ich vor unangenehmen Überraschungen sicher.

Ventile einstellen, gemäߟ Handbuch, 0,15 Einlaß, 0,20 Auslaß. Dichtschmotze auf Zylinderkopf und Ventildeckel, Dichtung eingepasst und Deckel drauf. Wasser-Röhrchen einsetzen, alles festschrauben.
Und.. Moped weiter zusammenbauen.. sowie zerlegt. Ein besonderer Spaß ist immer wieder das Einsetzen der Vergaser. Habe mir angewöhnt, den Luftfilter auszubauen und die Gummistutzen von hinten durch den Luftfilterkasten einzusetzen. Dabei vorher die umlaufenden Spannfedern der Gummis aus ihren Führungen nach hinten schieben, somit rutschen die Gummis besser über den Vergaserflansch. Danach die Federn wieder nach vorne schieben.
Ich empfehle danach noch einen Ölwechsel zu machen, da ja doch Schmutz in den Motor kommt.
Daß sie nicht gleich anläuft, ist klar, waren ja die Vergaser leer.
Einfahren… vorsichtig mit kleinen Drehzahlen.
Gelegentlich anhalten und nach Öl-/Wasserleckagen rund um die Dichtflächen und Schlauchstutzen sehen.

Wenn alles o.k. ist, langsam Last aufnehmen..*fg * !!!!
Hoffe, ich hab dem einen oder anderen mit meiner Schilderung die Angst nehmen können, solche Arbeiten selbst zu machen.
War kein Hexenwerk.
Zeitaufwand ohne Hektik und sorgfältiger Arbeit - für einen auf diesem Motorrad unerfahrenen Schrauber: ca 6 Stunden.

Häf Fann,

Gruߟ an alle Biker – Allzeit gute Fahrt!

Nightflight
Zitieren
#2
Respekt Respekt Respekt

Super Anleitung!!!
Gerade, weil Du auf viele Dinge hinweiߟt auf die man besonders achten muss.
Hast du die Fotos noch, wenn die noch mit eingebunden werden ist die Anleitung 200%.

Gruߟ
Wepps
EX500D, 94er Candy Wine Red, 2in1 Cobra, 35er Höherlegung, BT 45, Wilbers Gabelfedern, Stahlflex-Bremsleitung, Heckumbau, getönte Heckleuchte, Tachostyling
Zitieren
#3
Tolle Anleitung. Hut ab. Ich schlieߟe mich wepps an,
Bilder währen die Krönung des ganzen. Big Grin Big Grin Big Grin
Zitieren
#4
HI Ohne Wort Wepps und Gutenberg ahben schon alles gesagt Respekt.
Bilder weren da natürlich nicht schlecht..
Gruss Bernd
Gruss Bernd
GPZ 500S - EX500D1 - Bj 1994 - Schwarz-Silber

Erholung an der Nordsee
Zitieren
#5
Bis nächste Woche werd ich meine ZKD tauschen und Bilder machen, die werd ich dann zur verfügung stellen, falls noch keine gemacht worden.
Zitieren
#6
Ich meine am Samstag,ätsch Tongue
Gute Anleitung
Zitieren
#7
39nm für die kopfschrauben fand ich viel zu wenig, vor allen bei m14.

hab 50 nm genommen. hat alles bis jetzt gehalten.

und die nockenwellen hab ich nicht rausbekommen ohne die ritzel abzunehmen.
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste